Gap Stories handelt von kurzen Aussetzern der Eigenwahrnehmung im täglichen Ablauf. Ausgangspunkt des Projekts ist eine Textsammlung, in der unterschiedliche Personen über ihre persönlichen Erinnerungslücken schreiben. Der nicht erinnerte, freie Bereich steht hier für einen offenen Moment, der Riss in den alltäglichen Abläufen signalisiert ein Anderes, das an die Stelle von Routinen treten kann, vielleicht sind überraschende Richtungen einzuschlagen, Denkmuster zu verwerfen, Neues zu beginnen.
Die Erzählungen sind mit Schauspielern in kurzen Videosequenzen verfilmt worden. Die Filme haben eine Länge von 3–10 min. Jede Sequenz wird in einer Handlungseinheit dargestellt. Analog zu dem Geschehen, das die Lücke hervorruft, sind die Filme eine genaue Beobachtung alltäglicher Verrichtungen und Situationen. Die Erzählstruktur ordnet sich keinen Mustern unter, sie orientiert sich an jeder einzelnen Geschichte neu.
Ich fahre auf der A 5 von Berlin nach Köln. Es ist seit einiger Zeit dunkel, ich habe die Cassette auf Repeat gestellt. Es ist angenehm zu fahren, wenig Verkehr und kein Regen. Ich hätte die Winterreifen schon vor vier Wochen wechseln sollen, aber dann kam wieder alles Mögliche dazwischen. Auch meine Mutter, die bis in den Mai hinein ständig von irgendwelchen Winterstürmen mit Schneemassen erzählte und meinen sicheren Tod annimmt, wenn ich jetzt mit Sommerreifen fahre. Das Letzte, woran ich mich erinnern kann, ist die Abfahrt nach Hannover. Zu mir komme ich erst kurz vor dem Kreuz Dortmund, als das Band der aktuellen Cassette von meiner Anlage gefressen wird. Ich war vollständig versunken, hatte die gesamte Strecke zwischen Dortmund und Hannover ausgelassen, bin wie von selbst durch alle Baustellen manövriert, habe die Repeat Funktion der ersten Cassette verlassen und mich noch durch zwei weitere gehört.
Autolücke; Auszug aus dem Buch gap stories, erschienen bei Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln.
Autolücke, Video, 4:22 min.
Darsteller: Adnan Maral, Kamera: Ralph Baiker, Ton: André Reutter, Licht: Gucci, Styling: Gilda, Standfotos: Ralph Baiker, Schnitt: Thomas Eifler.